DIY # 5 - Vom Steak- zum Buttermesser - August 2018

 

 

Drei Wochen Urlaub - yeah! Was kann man da nicht alles machen, wenn man nicht verreist, toll! Dass es bei "nicht machen" bleibt, fällt uns im Traum nicht ein. 

Entdeckung vor einigen Monaten: Schimmel in der Tapete der Küchenwand. Erste Hilfe: Ordentlich Soda drauf. 

Die Flecken verschwinden fast vollständig, der Hintergedanke bleibt: Da sitzt noch etwas in und wahrscheinlich auch hinter der Tapete. Da müssen wir nochmal bei. Der Plan lautet "Tapete runter, Kalkfarbe rauf, fertig." Zwei Tage werden dafür veranschlagt. Wochenend-Aktion. Locker.

Ein Besuch beim Baustoffhändler unseres Vertrauens lässt uns mit 10 l weißer Sumpfkalkfarbe und 175 g Farbpigmenten ("Spinellorange" - die Farbe kannte selbst ich nicht...) von dannen ziehen. Nicht ohne vorher nachzufragen, ob wir sicher sind, dass da wirklich nur die Tapete runter und die Farbe rauf muss. "Nee, alles gut, solider Bau von 1956, 1a-Renovierung des damaligen Hausbesitzers in den 90ern, was soll da sein? Da ist nichts." 

Ein paar Wochen später im Urlaub geht's dann los. Ideale schwüle Aussentemperaturen von über 30°C, da will von uns keiner freiwillig raus. Solche Temperaturen kennen wir hier oben ja gar nicht. Da kann man auch eben die Küche renovieren. 

Frisch ans Werk, Schränke leergeräumt, Kühlschrank verstellt (vor die zweite Küchentür, jetzt müssen wir immer durch die vollgestellte Stube, Schuhe an, Schuhe aus, und nichts abgedeckt, warum auch, soll ja nur Tapete runter), Möbel umgestellt und los. 

 

Für den ersten Quadratmeter einlagig verklebter Rauhfasertapete benötige ich über eine Stunde...! Das kann ja was werden, der Zeitplan gerät jetzt schon ins Wanken. 3x Einweichen mit Seifenlauge, dann bequemt sich immerhin die erste Hälfte der Tapete - die mit den Holzstückchen drin - sich von der Wand kratzen zu lassen. Die zweite, eigentlich sehr dünne, Schicht braucht bitte auch nochmal zwei bis drei Seifenanstriche. Dann darf ich die runterspachteln und kratzen. Himmel, womit haben die seinerzeit die Tapete geklebt, Pattex?!?

 

Dann die nächste Überraschung: Vom Boden bis ca. 1,50 m Höhe LACK unter der Tapete! Alte 50er-Jahre Ölfarbe. Dreifach. In den Farben Oliv (erste Schicht), helles Türkis (zweite Schicht) und Schwimmbadbeckentürkis (dritte Schicht). Das nenn' ich doch mal Mut zur Farbe!

Auf dem Lack hält die Tapete noch besser als auf dem Putz. Sekundenkleber oder so, keine Ahnung.

Der Zeitplan wankt nicht mehr, der torkelt. 

Und uns ist klar, warum da Schimmel sitzt. Lack auf Tapete auf dreifach Ölfarbe -  da kann man nun wirklich nicht von atmungsaktiv reden. Tolle Nummer.

Aber nützt ja nüscht, muss der Lack halt auch noch runter. Millimeter für Millimeter picker' ich das Zeug mit Hammer und Spachtel von der Wand. Und arbeite mit dem Steakmesser vor. Das ist so schön spitz, da kommt man prima unter die Farbreste. Manchmal löst sich sogar ein größeres Stück von ein paar Quadratzentimetern. Manchmal auch mit dem Putz daran. Es scheint, als hielte die Ölfarbe den Putz und das Haus zusammen. Wenn Putz fehlt, muss er nachgefüllt werden, oder?

Zeitplan stolpert und fällt. Bin jetzt schon eine knappe Woche am Pickern :(

Nächster Stop Baustoffhandel. "Ich bräucht' mal etwas zum Verputzen..." "Ja, das hatte ich befürchtet. Hier, nimm mal die hier mit, ich trag' sie dir auch zum Auto." Mit je 25 kg Kalkputz und Kalkglätte fahre ich wieder nach Hause, weiterpickern.

Und siehe da, die nächste Überraschung! Am Ende der Wand angekommen, nehme ich vorsichtig die hier total lockere Tapete von der Wand. Die schwarzen Flecken sind wohl doch kein Russ, sie entpuppen sich ebenfalls als Schimmel, juchhee! Konnte man vorher nicht sehen, war die Küchenzeile davor. Und das heisst? RICHTIG! Schränke leer räumen, Herd raus, Küchenzeile abrücken. Im Storchengang stelzen wir durch die Wohnung, überall steht und liegt irgendwas herum, es sieht aus wie Bombe. Also noch mehr als sonst ;)

Tapete runter und mal gucken, ob man die Lackfarbe nicht einfach mit Soda abgewaschen bekommt. Im Baustoffhandel hatte ich eine neue Farbe entdeckt, die hält besonders gut auf glatten Flächen. Samstag früh Baustoffhandel dritter Besuch. "Gecko" kaufen. 

Zeitplan? Was für'n Zeitplan?

Auf dem ersten Drittel der Wand dasselbe wie an der ersten Wand: Tapete runter (hier aber nur mit Kleister verklebt, yiieha), Ölfarbe runter, Kalk drauf. Göttergatte hat inzwischen seinen Heißluftfön wiederentdeckt, damit geht die Arbeit etwas flotter von der Hand, die Farbe lässt sich deutlich besser abziehen als abpickern und die Wand bleibt auch zum Großteil heil. Da war wohl schon mal jemand dran und hat irgendwas vermörtelt - und die Tapete mit Mörtel festgeklebt....?!?

 

Wenn der Rotz erstmal runter ist, geht's natürlich schneller, mir allerdings nicht schnell genug. Aber was soll's, von Aktivitäten wie Moped fahren, unter'm Apfelbaum liegen, lesen, Sport machen, Fotos machen usw. habe ich mich längst verabschiedet. Stattdessen stehe ich mit Mundschutz, Schutzbrille und Handschuhen im Keller und mische Kalkputz. Der muss dann immer noch ein bisschen ziehen, dann kann er an die Wand, dann muss er trocknen. 24 Stunden. Wieder warten... meine Spezial-Disziplin...

 

Nach dem Putz kommt die Kalkglätte, dann die Farbe, erstmal nur hinter der Küchenzeile.

 

Danach ENDLICH die ursprüngliche geplante Aktion: Bunte Farbe an die Fensterwand. Das dauert auch nochmal zwei Tage (streichen, trocknen, streichen, trocknen) und nach knapp drei Wochen bin ich mit der Malerei und allem durch. Einen weiteren Tag benötigen wir für den Wiederaufbau der Möbel - die sind auch nur für den einmaligen Gebrauch ausgelegt, was? Alles krummer und schiefer als vorher. Egal, ich hab' ja auch die Eckschutz-Schiene vergessen und das Mauerwerk am Fenster hat eher Hundertwasser-Winkel. Passt schon.

Am letzten Urlaubstag sind wir fertig. Ich bin fix und fertig. Noch schnell die Bordüre an die Wand gemalt, Küche gefeudelt und Stube gewischt, die Teller wieder eingeräumt und bald renne ich auch nicht mehr durch die Stube, obwohl der Kühlschrank längst wieder an der Wand steht und die Küchentür frei ist. So schnell kann man sich dran gewöhnen!

Zur Feier des Tages und Wiederbesitz einer nutzbaren Küche gibt es Spaghetti, Göttergatte bekommt sogar den Farbton der Wand in seiner Bolognese hin! So denn, auf den nächsten Urlaub!